Der Nordamerika Nebel

Der Nachthimmel ist nicht einfach nur Schwarz, nein er strahlt in allen Farben! Wenn unsere Augen nur lichtempfindlicher wären würden wir ein von Gasnebeln und Reflexionsnebeln durchzogenes Sternenmeer ohnegleichen sehen! Komplette von Wasserstoff geflutete rot leuchtende Sternbilder und Sternhaufen in eisblaue Reflexionsnebel getränkt!

Eines dieser Sternbilder ist der Schwan in der Sommermilchstraße, durchzogen von ionisiertem Wasserstoff und langen dunklen Staubwolken. Dort befindet sich direkt neben dem hellsten Stern des Schwans Deneb, der Nordamerika Nebel (NGC7000, Cadwell 20) ein Emissionsnebel fast 10 mal so groß wie der Vollmond. Angefeuert durch Ultraviolette Strahlung heißer Sterne leuchtet diese HII Region feuerrot im Licht von H-Alpha, perfekt um ihn mit einer Astrokamera aufzunehmen...
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Weitfeldaufnahme von 2019 mit 200mm Brennweite und 5,75 Stunden Belichtung. Hat Definitiv noch viel Potenzial nach oben... sehr viel:)


Planänderung
Nach langer Zeit sollte es mal wieder ein klares Wochenende geben und dazu auch noch kurz vor Neumond! Mir stellte sich wieder einmal die Frage was fotografieren? Letztes Jahr um diese Zeit hatte ich versucht von einem anderen Ort aus den Helix Nebel aufzunehmen und bin wegen seiner geringen Höhe am Himmel und einem fehlendem ordentlichen Filter gegen Lichtverschmutzung kläglich gescheitert. Der Optolong L-Pro Filter hatte sich schon beim ebenfalls sehr niedrigen Adlernebel Anfang der Sommers bewährt. Also warum nicht God´s Eye aka der Helix Nebel aufnehmen?

Abends unterm dunklem Sternhimmel stelle ich dann fest dass es extremst diesig in den höheren Luftschichten ist, der Himmel sieht von der Anzahl der Sterne her fast genauso aus wie in einer Großstadt, also fast nichts zu sehen, keine Milchstraße nur die hellsten Sterne! Trotzdem probieren was aufzunehmen oder besser gleich einpacken und nach Hause gehen... Andererseits will ich unbedingt ein Bild vom Helix, probieren schadet nicht dann hab ich´s wenigstens versucht! Alles aufgebaut fokussiert und per GoTo und Platesolving NGC7293 angefahren und ein Testbild gemacht. Zuerst mal ein brauchbaren Leitstern für das Autoguiding zu finden war schon eine Herausforderung aber dann im Testbild echt gar nichts vom Nebel zu sehen war echt die Härte! Das brauchbare Signal vom Nebel war gleich null. (Ich würde hier ja gerne das Bild einfügen leider habe ich das aber vergessen zu speichern, ups...)

Schnell muss ein neues Objekt her, eins das höher am Himmel steht und ein helleres, also wirklich deutlich helleres. Der Nordamerika Nebel bietet sich momentan an, fast im Zenit und schön hell. Fun fact. mein letzter Versuch 2019 mit meinem altem Teleskop war ein kompletter fail da der DSLR Sensor bei 28°C Nachts komplett gegrillt wurde.
Im Endeffekt habe ich dann den zu engl. "Cygnus Wall" im Nordamerika Nebel als Ziel gewählt und dann bei von 23 Uhr bis 3 Uhr Nachts 5 Minuten einzel Bilder geschossen.
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Screenshot eines der 5min einzel Belichtungen, Bilddaten automatisch gestreckt. Augenscheinlich nicht besonders, für den Astrofotografen aber ein vielversprechender Anblick


Während die Kamera läuft werfe ich noch einen Blick auf Jupiter und Saturn durch meinen visuellen 6 Zoll Newton. Deep Sky Objekte versuche ich die Nacht gar nicht erst zu beobachten.
Gegen 1 Uhr Nachts geht dann noch ein Glut roter Mond im Osten auf, eingefärbt durch unsere Atmosphäre und Rauch von den Waldbränden in Kalifornien im Septemper 2020 (falls das wer nächstes Jahr noch lesen sollte oder hinterm Mond lebt)

Hör auf rumzuzicken!
Am nächsten Abend bleibe ich dann wohlwissend um den Rauch in der Atmosphäre zu Hause und mache nur von dort aus´m Garten Fotos. Ich will ja nicht unnötig in der Kälte sitzen wenn die zu erwartenden Aufnahmen eh nicht so prickelnd werden.

Wenn ich von zu Hause aus was mache sind die Nächte immer sehr unspektakulär, komisches klingendes Getier oder unerwünschte Besucher gibts da normalerweise nicht (außer Nachbars Kartze) Meistens läuft auch alles ruhig aber nicht dieses mal.

Wenn ein mit einer Equatorialen Montierung nachgeführtes Himmelsobjekt auf den Meridian trifft, die Grenze zwischen Ost und West am Himmel markiert, muss die Montierung beide Achsen einmal um 180° drehen. Im Normalfall bleibt meine CEM25p dann stehen und die ASIAir leitet dann einen automatischen Meridianflip ein. Die Uhrzeit zwischen beiden variiert öfters mal, denn die CEM25p bekommt diese per GPS mit den Koordinaten mitgeteilt und die ASIAir bezieht diese vom Handy, normal sollte beides übereinstimmen tut es aber nicht.

Genau das ist dann auch passiert. Die Montierung ist wegen der unterschiedlichen Uhrzeit früher stehen geblieben als sie sollte. Eigentlich reicht es wenn ich die Home Position neu definiere (also wieder richtig einstelle nachdem die falsche Uhrzeit der ASI Air diese versetzt hat) aber das hat irgendwie nicht funktioniert. Ich habe dann das Objekt wieder angefahren und die Montierung blieb sofort wieder stehen weil sie dachte sie wäre am Meridian angekommen und das hat sich dann bestimmt 5 mal wiederholt wieder angefahren und wieder stehen geblieben. Manchmal glaube ich das Ding will mich absichtlich Ärgern...
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Mittig ist der Meridian als grüne Linie eingezeichnet. Screenshot aus Stellarium


Am Ende des Abends lief das Ganze nach dem Trubel dann reibungslos weiter und der automatische Meridianflip hat einwandfrei funktioniert- fast schon wie im Bilderbuch (und zur richtigen Zeit).
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NGC7000 der Nordamerika Nebel im Schwan

Technische Details
Objekt: NGC7000, Der Nordamerika Nebel, Cadwell 20
Auflösung: 4144x2822
Sichtfeld: 1° 49'x 1° 14'
Belichtungszeit: 7,5+ Stunden RGB a 5 min Subframes
Kamera: ASI 294MC Pro
Teleskop: Omegon Pro Astrograph 154/600+ Baader MPCC III
Montierung: iOptron CEM25p
Guiding: ASI 120mm Mini+ ZWO 60mm Guidescope
Steuerung via ASIAir und Smartphone
Filter: Optolong L-Pro 2"

Bilddetails
Der Nordamerika Nebel ist ein Emissionsnebel im Sternbild Schwan. Hauptsächlich ist hier ionisierter Wasserstoff (Ha) vorzufinden aber auch Sauerstoff bzw. Ozon (OIII) und Schwefel (SII). Durch UV Strahlung umliegender Sterne wird das Gas zum leuchten angeregt. NGC7000 liegt rund 200 Lichtjahre entfernt und ist gute 140 Lichtjahre groß in Nord-Süd Richtung.

Hier im Endbild abgebildet ist der Golf von Mexiko und Mittelamerika sowie Florida. Dreht man das Eingangs gezeigte Bild um 90° gibt der linke Teil des Nebels die Form vom Nordamerikanischen Kontinent mit den USA und Kanada recht gut wieder wie ich finde. Die Form des Nebels entsteht durch Staubbänder in der Milchstraße welche die leuchtenden Gase bedecken.

Neben dem Nordamerika Nebel liegt der Pelikan Nebel (IC5070) den ich ebenfalls im September 2020 aufgenommen habe und noch ein eigenes Behind the Image bekommem wird. In der Weitfeld Aufnahme vom Anfang ist er auch zu sehen, ich muss aber gestehen ich kann darin keine "Pelikan" ähnliche Form erkennen, bin aber auch glücklicherweise nicht für den Namen Verantwortlich :)

Fazit
Ich muss echt sagen meine Erwartungen wurden um ein vielfaches übertroffen! ein doch so klares und scharfes Bild durch den Rauch zu erhalten hätte ich nicht gedacht. Der W-Förmige Cygnus Wall leicht links der Bildmitte gibt einen schönen Gegensatz zu den dunklen Bereichen auf der rechten Seite.
Mein persönliches Highlight ist der "kleine Orion" im Bild wie ich ihn getauft habe. Im dunklen Bereich sind ein paar Sterne die den Kern vom Sternbild Orion erstaunlich gut nachahmen, findest du sie?
Auf jedenfall ein weiteres Bild was ich in nicht allzuweit entfernter Zukunft drucken lassen werde.


Clear Skies
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